0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-FormatAG Cottbus, Urteil vom 30.04.2004

 

Amtsgericht Cottbus

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL



In dem Rechtsstreit (…) hat das Amtsgericht Cottbus auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2004 durch Richter (…) für Recht erkannt:


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Hohe von 600,00 EUR abwenden, sofern nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Streitwert: 2456,78 EUR


Tatbestand:

Die Klägerin klagt aus abgetretenem Recht des Telekommunikationsunternehmens und Netzbetreibers (…). Die Zedentin unterhält und betreibt ein Verbindungsnetz, das heißt sie stellt Verbindungen aus Teilnehmernetzen wie beispielsweise der Deutschen Telekom AG (DTAG) in andere Netze her. Zu ihrer Tätigkeit gehört auch, Anrufe, die aus dem Teilnehmernetz der DTAG kommen und mit den Mehrwertdienstnummern angewählt werden, über eine von ihr betriebene Dienstplattform an den entsprechenden Dienstanbieter weiter zu leiten, der dann die entsprechenden Mehrwertdienste erbringt. Die eigentlichen Mehrwertdienste werden somit nicht von der Zedentin, sondern von entsprechenden Dienstanbietern erbracht. Die auf die Mehrwertdienste sowie auf die Verbindungsleistung der Zedentin entfallenen Entgelte werden dabei von Teilnehmernetzbetreiber, der Regel DTAG, in Rechnung gestellt und bei entsprechender Zahlung durch den Endkunden an die Klägerin weiter geleitet. Diese wiederum zahlt dem Dienstanbieter den auf ihn entfallenen Anteil des Entgeltes aus.
Der Beklagte ist Inhaber eines Festnetztelefonanschlusses bei der Deutschen Telekom AG.
Streitig zwischen den Parteien ist die Nutzung von Mehrwertdiensten im Zeitraum vom 30.10.2002 bis 31.10.2002.

Die Klägerin hat folgende Einzelverbindungsübersichten eingereicht.

(…)

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte zur Zahlung der ihm in Rechnung gestellten Tarife verpflichtet sei. Es sei insoweit ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den angemeldeten Rufnummern um Mehrwertdienstnummer gehandelt habe.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 2456,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 26.01.2003 sowie 2,50 EUR Mahnkosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein. Es habe sich unbemerkt ein Dialer eingewählt, so daß für ihn völlig unbemerkt die teuren Nummern, die offenbar aufgrund der Vertrages der Klägerin immer wieder die gleichen gewesen seien, eingewählt worden seien. Es habe kein Hinweis darauf stattgefunden, dass irgendwelche teuren Rufnummern angewählt worden seien. Insbesondere auf die Höhe des Entgeltes sei nicht hingewiesen worden. Er, der Beklagte, habe zu den angegebenen Zeiträumen nicht die Nummern angewählt. Vielmehr habe er folgende Verbindungen gewählt:

(…)

Es könne daher aufgrund der vorliegenden Überschneidungen gar nicht möglich sein, dass er die von der Klägerin behaupteten Nummern gewählt habe. Beweispflichtig sei dafür, dass ordnungsgemäß gewählt worden sei, die Klägerin. Diese habe aber einen Beweis diesbezüglich nicht angetreten.
Das Gericht hat hinsichtlich der Beweislast mit Beschluss vom 19.04.2004 (Blatt 110 -112 der Akte) diese auf Seiten der Klägerin liegend angesehen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht aufgrund des Telefonvertrages zu.

Zur Überzeugung des Gerichts ist die Klägerin dafür beweisfällig geblieben, dass eine ordnungsgemäße Einwahl auf die Mehrwertdienstnummern durch den Beklagten stattgefunden hat und nicht vom Beklagten unbemerkt ein nachträgliches, für den Beklagten nicht zu bemerkendes Umschwenken auf einen sogenannten Dialer, der selbständig die teuren Nummern anrief, stattgefunden hat.

Die Klägerin hat trotz des entsprechenden Hinweises des Gerichts in keiner Weise unter Beweis gestellt, dass eine ordnungemäße Einwahl der Mehrwertdienstnummern erfolgt ist, die nicht durch einen Dialer verändert worden ist. Der Beklagte hat dies zwar unter Beweis gestellt und dafür die Einholung eines Sachverständigengutachtens als Beweismittel vorgebracht. Auf Grund der der durch Beschluss vom 19.04.2004 bekannten Auffassung des Gerichts wäre es Sache der Klägerin gewesen, nicht lediglich zu bestreiten, dass ein Dialer vorgelegen hat. Vielmehr ist die Klägerin dafür beweispflichtig, dass eine ordnungsgemäße und nicht von einem Dialer beeinflusste Einwahl stattgefunden hat. Dies, ergibt sich letztlich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 04. März 2004 (III ZR 96/03). Der Dienstleister, der hiesige Zedent, hat ein eigenes erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Nutzung der teuren Nummern. Dies folgt daraus, dass der Dienstleister selbst einen Teil des Entgeltes durch die Verwendung der teuren Rufnummer (0190 bzw. 0900) selbst erhält und damit im erheblichen Maße auch ein eigenes Interesse an der Nutzung derartiger Nummern hat. Auf Grund dieses erheblichen wirtschaftlichen Eigeninteresses trägt der Netzbetreiber selber das Risiko eines Missbrauches von Mehrwertdienstnummern, die mit der Einwahl 0190 bzw. 0900 einhergehen.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die von der Klägerin eingereichten Einwahllisten dadurch erschüttert, indem er ebenfalls die von der DTAG erstellten, durch ihn tatsächlich geführten Verbindungen durch Einzelverbindungsnachweis dem Gericht eingereicht hatte. Aus dem Vergleich der Verbindungsdaten ergibt sich, dass parallel dazu mehrfach kurz nach der ordentlichen Einwahl des Beklagten angeblich über die Mehrwertedienstnummer telefoniert bzw. das Internet besucht worden sein soll. An der Ordnungsgemäßheit der Einzelverbindungsübersichten, wie sie von der Klägerseite eingereicht worden sind, besteht daher ein erheblicher Zweifel.
Auf Grund der Tatsache, dass es sich lediglich um 2 Tage, den 30.10.2002 und den 31.10.2002, gehandelt hat, kann nicht von dem Beklagten verlangt werden, zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Dies folgt daraus, da aufgrund dieser eklatanten Häufung der angeblich angewählten Mehrwertdienstnummern an 2 Tagen bei einer sonst in keiner Weise erfolgten Einwahl der Beklagte erst mit Stellung der Telefonrechnung von den Unregelmäßigkeiten Kenntnis erlangt haben kann. Die Auffassung des Beklagten wird auch dadurch bestätigt, dass weder zuvor noch danach – dies ergibt sich aus den vom Beklagten eingereichten Verbindungsunterlagen – entsprechende Mehrwertdienstnummer aufgerufen worden sind. Auch die durch die Klägerin vorgetragenen Uhrzeiten erstaunen; insbesondere die Tatsache, dass am 30.10.2002 von 00:12:34 Uhr und um 02:12:42 Uhr 2 mal jeweils für die Dauer von 1 Stunde und 59 Minuten und 58 Sekunden die gleiche Nummer angewählt worden ist. Dies hätte zur Folge, dass der Beklagte praktisch die ganze Nacht ununterbrochen seinen Computer benutzt haben muss oder telefoniert haben muss. Auffallend ist ebenso, dass sich regelmäßig die Dauer auch der Einwahlen am 31.10.2002 auf die Dauer von 1 Stunde, 59 Minuten und 58 Sekunden beschränkt hat. Dieser Gleichlauf der Einwährungen spricht dafür, dass - unbemerkt vom Beklagten - auf unrechtmäßige Weise eine Verbindungseinwahl hergestellt worden ist. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass 4 mal auf die Sekunde genau gleichlange Gespräche oder Internetaufenthalte geführt werden, darunter bereits 2 mal unmittelbar hintereinander.

Es ist ausschließlich Sache des Netzbetreibers, dafür Sorge zu tragen, dass mit den teuren Mehrwertedienstnummern der Verbraucher, hier der Beklagte, keinen Schaden erleidet. Es obliegt insoweit der Klägerin, zu beweisen, dass eine ordnungsgemäße und bewußte Einwahl durch den Beklagten vorgelegen hat. Auf Grund der entsprechenden Hinweise des Gerichts sowie des Vertrages der Beklagten hätte die Klägerin zumindest Beweis dafür antreten müssen, dass eine ordnungsgemäße Einwahl stattgefunden hat, die gerade nicht durch einen Dialer erfolgt ist. In den gesamten eingereichten Schriftsätzen ist ein solches Beweisanerbieten jedoch nicht erfolgt, so daß die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts insbesondere aufgrund des Beschlusses vom 19.04.2004 beweisfällig geblieben ist.

Daher war die Klage abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Richter am Amtsgericht

 

 

 

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