0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-Format AG Kiel, Urteil vom 07.11.2003 - Az.: 118 C 136/02

 

AMTSGERICHT KIEL

URTEIL VOM 07.11.2003


118 C 136/02



In Sachen (...) hat das Amtsgericht Kiel (...) für Recht erkannt:


Urteil


Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 421,58 € nebst Zinsen in Höhe von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.8.2002 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.



Entscheidungsgründe:

(Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen)

(Hinweis der Dialer&Recht-Redaktion:
Der Verständlichkeit halber wird der Tatbestand des Urteils nachfolgend kurz geschildert: Der Kläger wurde von dem Netz-Betreiber auf Zahlung der Telefonrechnung in Anspruch genommen. Da der Kläger nicht zahlte, sperrte der Netz-Betreiber den Anschluss. Um diese Sperrung sofort aufzuheben, überwies der Kläger den strittigen Betrag unter ausdrücklichem Vorbehalt der Rückforderung. Zugleich reichte der Kläger Zahlungsklage ein und begehrte die Rückforderung der entrichteten Telefon-Entgelte.)


Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung von 421,58 € aus § 812 Abs. 1 Salz 1 BGB.

Die Beklagte hat durch die Zahlung des Klägers in Höhe der Klagforderung auf ihr Konto etwas durch Leistung erlangt.

Die Leistung Ist ohne rechtlichen Grund erfolgt. Die Beklagte hat einen Vertragsschluß hinsichtlich der streitigen Telefongebühren nicht nachgewiesen. Insoweit war sie jedoch beweisbelastet.

Unstreitig hat der Kläger die Zahlung an die Beklagte unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet und die Beklagte gleichzeitig mit anwaltlichem Schreiben vom 27.11.2001 zur Rückzahlung aufgefordert. Aufgrund dieses Vorbehaltes ist eine Umkehr der Beweislast gegeben. Grundsätzlich ist zwar derjenige, der einen Bereicherungsanspruch aus Leistungskondition geltend macht, in vollem Umfang beweispflichtig für die Tatsachen, aus denen er die von ihm begehrte Rechtsfolge herleitet, somit für das Nichtbestehen eines Rechtsgrundes der erbrachten Leistungen.

Der Kläger hat hier jedoch ausdrücklich zur Vermeidung einer Telefonsperre unter Vorbehalt der Rückforderung gezahlt. Darin ist nicht nur lediglich ein Ausschluß der Wirkung des § 814 BGB zu sehen, sondern dies ist vielmehr dahin zu deuten, daß dem Leistungsempfänger die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs auferlegt werden soll (vgl. BGH in NJW 1984, Seite 2826).

Die ausdrückliche Formulierung des Klägers ist nach Ansicht des Gerichts nicht als schlichter Vorbehalt der Rückforderung anzusehen, sondern vielmehr dahingehend zu qualifizieren, daß der Kläger unter dem Vorbehalt des Bestehens der Schuld gezahlt hat. Demnach ist hier die Beklagte beweisbelastet gewesen, daß ein Rechtsgrund für die Zahlung des Klägers vorgelegen hat, d. h. somit dafür, daß die Inanspruchnahme der in Rechnung gestellten 0190-Nummern bewußt und gewollt durch den Kläger erfolgt ist.
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Diesen Beweis hat sie nicht zu führen vermocht. Insoweit ist hier allein aufgrund der tatsächlichen Anwahl der 0190-Nummern kein Beweis des ersten Anscheins zu Lasten des Klägers anzunehmen. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß es im Internet sehr wohl Dialer gibt, die sich allein aufgrund bestimmter Softwarekomponenten selbsttätig auf dem PC eines Nutzers installieren können, ohne daß dazu ein gesonderter Downloadvorgang vom Nutzer bestätigt werden muß.

Demzufolge ist nicht allein aufgrund der tatsächlichen Anwahl einer solchen 0190-Nummer von einer bewußten Willenserklärung des Nutzers auszugehen. Aufgrund der Angaben des Sachverständigen Ist auch die Anwahl zweier verschiedener 0190-Nummem durch selbstätige Dialer erklärlich, etwa dadurch, daß der Nutzer über die Historie seines Browsers auf eine Web-Seite zurückkehrt, die bereits zuvor einen Dialer installiert hat. Daher läßt sich auch aus dem Nummernwechsel kein Beweis des ersten Anscheins herleiten. Sonstigen Beweis hat die Beklagte nicht angeboten.

Die Beklagte ist daher zur Rückzahlung der geleisteten 421,58 € verpflichtet. Soweit sie sich auf eine Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB beruft, ist eine solche Entreicherung von dem Kläger bestritten worden. Beweis bezüglich einer Weiterleitung der empfangenen Gelder an die Betreiber der Mehrwertdienste hat die Beklagte ebenfalls nicht angeboten.

Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 286, 288 BGB,

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11. 711, 713 ZPO.

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