0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-Format AG Oldenburg, Urteil vom 11.12.2003 - Az.: E1 C 1096/03 (XX)

 

AMTSGERICHT OLDENBURG

Urteil v. 11. Dezember



E1 C 1096/03 (XX)


In dem Rechtsstreit (...) hat das AG Oldenburg (...) für Recht erkannt:


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.





Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen, weil ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Ein an die Klägerin abgetretener Anspruch des Telekommunikationsunternehmens und Netzbetreibers T (…) GmbH & Co. KG gegen den Beklagten in Höhe von 534,77 Euro besteht nicht. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass vom Festnetzanschluss (...) und dem nur für ein Fax zur Verfugung stehenden Anschluss des Beklagten (…) aus am 11.3.2002 in der Zeit von 15:17:27 Uhr bis kurz nach 16 Uhr elf Einwahlen im Internet zu einer 0190-Nummer erfolgten, die dem Beklagten auch tatsächlich zurechenbar sind.

Von einer Zurechenbarkeit und damit auch einer vertraglichen Willenserklärung zur Vermittlung einer Verbindung zu einem Mehrwertdienstanbieter durch eine elfmalige einige Sekunden dauernde Inanspruchnahme für je 43.0603 Euro kann anders als bei Sprachkommunikationsdienstleistungen nicht schon im Wege des Anscheinsbeweises ausgegangen werden.

Der Beklagte hat dargelegt, er habe eine Einwahl nicht vorgenommen, bei der Überprüfung seines PC jedoch einen Dialer (msb-dialer) entdeckt.

Anders als bei Sprachdiensten und Diensten, die lediglich den Zugang zum Internet zur Verfügung stellen, kann nach allgemeiner Lebenserfahrung bei der Verbindungsherstellung zur. 0190-Nummern nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass der Kunde zurechenbar einen Verbindungsaufbau bzw. die Vermittlungsleistung des Netzanbieters veranlasst hat. Es existiert im Internet eine Vielzahl von "dialer"-Programmen, die zum Teil ohne Wissen des Kunden auf dem PC installiert werden und sich möglicherweise sogar wieder deinstallieren.

Insofern ist es also möglich, dass die 0190-Verbindung völlig unbemerkt im Hintergrund angewählt wird. In einem solchen Fall liegt eine Willenserklärung oder eine zurechenbare Inanspruchnahme einer Vermittlungsdienstleistung - nämlich der Vermittlung der Verbindung zum Mehrwertdienstanbieter auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu den verschiedenen Vertragsverhältnissen gerade nicht vor.

Das Gericht folgt nicht der häufig in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, der Kunde sei für die Freiheit seines PC von derartigen Dialern selbst verantwortlich und möge sich schützen. Virenprogramme und Firewalls sind für den Schutz vor Dialern zum einen nicht geeignet zum anderen kann es auch nicht Aufgabe des Kunden sein, seinen PC streng zu über wachen und jeden Verbindungsaufbau zu protokollieren, obwohl den Netzanbietern durchaus bekannt ist, dass Mehrwertdienstanbieter häufig Dialer verwenden und diese teilweise auch unbemerkt Verbindungen herstellen.

Es ist insofern jedenfalls zumutbar, dass die die Gebühren für den Mehrwertdienstanbieter mit einziehenden Netzanbieter das im konkreten Fall verwendete Einwahlprogramm darlegen und demonstrieren, um nachzuweisen, dass der Kunde diese Einwahl auch zurechenbar vorgenommen hat (vgl. auch LG Nürnberg-Fürth vom 27.3.03, 11 S 8162/02). Dies hat die darlegungspflichtige Klägerin nicht getan. Sie wird auch dadurch nicht befreit, dass sie behauptet, sie könne den Anbieter nicht mehr identifizieren, eventuell habe es sich um die Firma MSB gehandelt, sofern es sich um die vom Beklagten angegeben Dialer-Nummer handelte.

Die Netzanbieterin hat in Kenntnis der großen Missbrauchsmöglichkeit und häufigen Dialer-Verwendung der Mehrwertdienstanbieter die Vertragsverhältnisse entsprechend zu gestalten, dass Nachweise möglich sind. Unklarheiten können nicht zu Lasten von Internet-Nutzern gehen, die einen Telefonanschluss betreiben, über den ohne ihr Wissen und ihre Mitwirkung Verbindungen aufgebaut werden bzw. vermittelt werden. Dies ist für die Kunden eine unbestellte Ware, deren Empfang zum Teil noch nicht einmal bemerkt wird. Angesichts dieser Sachlage trägt der Vermittler der Verbindungen die Darlegungslast für die Bestellung der Vermittlung.

Ein Vertragsschluss zur Vermittlung von kostenpflichtigen 0190-Verbindungen ist von der Klägerin demzufolge nicht hinreichend dargelegt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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