0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-Format AG Ribnitz-Damgarten, Urt. v. 22.12.2003 - Az.: 1 C 768/03

 

AMTSGERICHT RIBNITZ-DAMGARTEN

URTEIL


1 C 768/03



In Sachen (...) hat das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten (...) für Recht erkannt:



1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 63,00 EURO


Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus - behauptetem - abgetretenem Recht des Netzbetreibers T (…) GmbH & Co. KG in E (…) in Anspruch.

Der Beklagte ist Inhaber eines Festnetz-Anschlusses, für den bei der Deutschen Telekom AG ein Buchungskonto geführt wird. Für den Zeitraum 16.01.2002 bis 16.02.2002 hat die Klägerin Einzelverbindungsnachweise für die Nutzung des Netzes der Zedentin mit der Zielrufnummer 0190xxx, z.B. 21,5977 EUR für 2 Sekunden, vorgelegt.

Auf die dem Beklagten zugesandten Rechnungen der Deutschen Telekom AG vom 19.02.2002 und 19.03.2002, in welchen die Forderungen der Zedentin als Internet-Verbindungen genannt sind, hat der Beklagte mit Schreiben vom 23.02. und 25.02.2002 Einwendungen dem Grunde und der Höhe nach erhoben.

Die Klägerin fordert nunmehr von dem Beklagten Telefongebühren in Höhe von EUR 1.240,77.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie EUR 1.240,77 nebst 5 Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2002 sowie EUR 177,50 Inkassokosten und EUR 2,50 Mahnkosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bestreitet den Forderungserwerb der Klägerin durch Abtretung. Des weiteren bestreitet er sowohl die wissentliche und gewollte Nutzung der 0190-Zielrufnummer.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Klägerin vom 31.07., 29.09., 21.10.2003, die Schriftsätze des Beklagten vom 29.09., 09., 16., 23., 30.10., 04.11.2003 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2003.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von EUR 1.240,77 gemäß § 398 BGB.

Zum Nachweis der Inhaberschaft der Forderung hat sich die Klägerin auf die Ablichtung einer Abtretungsvereinbarung vom 24./25.06.2001 berufen. Der Beklagte hat zutreffend eingewendet, dass die gegen ihn geltend gemachte Gesamtforderung von dieser Abtretungserklärung nicht erfasst ist.

Zwar kann durch Vertrag eine Vielzahl von Forderungen an einen Zessionar - hier die Klägerin - abgetreten werden, ohne dass dieselbigen im einzelnen ausdrücklich aufgeführt werden müssten, wenn sie nur hinreichend bestimmbar sind (Palandt, BGB, 62. Aufl., S 398 Rn. 11, 14 m.w.N.).

Die vorgelegte Abtretungsvereinbarung genügt diesen Erfordernissen jedoch nicht. Hiervon kann lediglich dann ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung bestimmbar ist, ob sie von der Abtretung erfasst wird (BGH 7, 369, 26, 276). Dieselbige besagt lediglich, dass "Forderungen, die zum Inkasso übergeben werden", an die Klägerin "zum Zwecke der Einziehung" abgetreten werden. "Die Abtretung erfasst auch den im Zeitpunkt des Wirksamwerdens bestehenden und künftig fällig werdenden Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens gegenüber dem Schuldner."

Unstreitig handelt es sich bei den gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Einzelforderungen um solche, die erst nach der Abtretungsvereinbarung entstanden sind. Es ist nicht nur fraglich, ob aus dieser Abtretungsvereinbarung überhaupt entnommen werden kann, ob es sich dabei auch um Forderungen aus Verbindungen mit 0190-Zielnummern handelt und ob auch erst künftige noch gar nicht entstandene Forderungen erfasst sind.

Die Klage ist somit alleine wegen der nicht nachgewiesenen Aktivlegitimation abzuweisen.

Aber auch im übrigen hat die Klägerin, unterstellt sie wäre aktiv legitimiert, keinen Zahlungsanspruch gegenüber dem Beklagten.

Es ist gerichtsbekannt, dass eine nahezu unüberschaubare Anzahl von Nutzern des Internet-Zugangs Opfer eines sogenannten Web-Dialers geworden sind. Hierbei handelt es sich um betrügerische Computerprogramme, die bei dem Besuch normaler Web-Seiten im Internet - ohne dass der Nutzer dies erkennen kann - eine heimliche, automatische Einwahl über eine teure 0190-Zielrufnummer im DFÜ-Netzwerk des Computers installieren. Beim erneuten Herstellen einer Internet-Verbindung erfolgt die Einwahl dann nicht über den vom Verbraucher konfigurierten Internet-Anbieter und dessen Zielrufnummer, sondern unbemerkt über die illegal installierte DFÜ-Verbindung mit der teuren 0190-Zielrufnummer.

Soweit - wie vorliegend - Einwendungen gegen die Höhe der in Rechnung gestellten Verbindungsentgelte erhoben werden, ist gemäß § 16 Abs. 1 TKV eine technische Prüfung durchzuführen. Dies ist offensichtlich unterblieben. Die Klägerin vermag daher bereits den ihr obliegenden Nachweis gemäß § 16 Abs. 3 TKV nicht zu führen, dass die Leistung bis zu der Schnittstelle, an der der allgemeine Netzzugang dem Kunden bereitgestellt wird, technisch einwandfrei erbracht und richtig abgerechnet worden ist.

Ferner hat die Klägerin weder schlüssig dargelegt noch gemäß § 16 Abs. 3 TKV unter Beweis gestellt, dass die streitgegenständlichen 0190-Verbindungen überhaupt wissentlich und willentlich durch den Beklagten erfolgten. Die Klägerin trägt nicht einmal vor, wie die Verbindung ausgelöst worden sein soll und welchen Inhalt die "Leistung" hatte.

Für die Herstellung einer willentlichen 0190-Verbindung und Richtigkeit der Abrechnung spricht auch nicht etwa ein Anscheinsbeweis zugunsten des Netzbetreibers. Dies ist seit längerem von einer Vielzahl von Gerichten zugunsten des Verbrauchers richtig erkannt und ausgeurteilt worden (vgl. veröffentlichte Entscheidungen in www.DialerundRecht.de).

Die Problematik und aktuelle Rechtsprechung ist der Klägerin im übrigen auch hinlänglich bekannt, führt sie doch, wie aus den oben genannten, in www.DialerundRecht.de veröffentlichten Entscheidungen hervorgeht, mit den sie stets vertretenen Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwälten A (…) & Kollegen aus D (…), den Versuch, Forderungen durchzusetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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