0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-Format AG Viersen, Urt. v. 20.01.2004 - Az.: 17 C 304/03

 

AMTSGERICHT VIERSEN

URTEIL


17 C 304/03



In Sachen (...) hat das Amtsgericht Viersen (...) für Recht erkannt:



Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet. Ein dienstvertraglicher Vergütungsanspruch aus abgetretenem Recht gem. §§ 611, 398 BGB steht der Klägerin nicht zu.

Die Zedentin T (…) GmbH & Co KG war nicht Anspruchsinhaberin eines Vergütungsanspruches aus Telekommunikationsdienstleistungsverträgen gegenüber der Beklagten, der Gegenstand einer Abtretung hätten sein können.

Dienstverträge sind zwischen der Zedentin und der Beklagten nicht schlüssig durch Anwahl der im Netz der Zedentin vorhandenen Mehrwertdienstenummem vom Teilnehmeranschluss der Beklagten aus geschlossen worden. Gegenüber dem Bestreiten der Beklagten, "dass die strittigen Gebühren vom Anschluss der Beklagten aus erzeugt wurden", ist die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen beweisbelastet für die tatsächlichen Voraussetzungen eines schlüssigen Vertragsschlusses, namentlich für eine Anwahl der Mehrwertdienstenummer vom Anschluss der Beklagten aus.

Eine andersartige Beurteilung der Beweislast ergibt sich nicht aus der von der Klägerin bemühten Regelung des § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV. Die Beklagte hat unmittelbar nach Erhalt der den streitgegenständlichen Abrechnungszeitraum vom 25. Januar bis 21. Februar 2002 betreffenden Rechnung mit Schreiben vom 04. März 2002 Einwendungen erhoben und mit werterem anwaltlichem Schreiben vom 06. Mai 2002 die Vornahme und Vorlage der technischen Prüfung sowie deren Dokumentation aufgefordert.

Erhebt der Kunde - wie geschehen - Einwendungen gegen die Höhe der in Rechnung gestellten Verbindungsentgelte, so ist gem. § 16 Abs. 1 TKV (u. a.) eine technische Prüfung durchzuführen, deren Dokumentation dem Kunden auf Verlangen vorzulegen ist.

Gem. § 16 Abs. 3 Satz 1 TKV obliegt der Nachweis der technisch einwandfreien Leistungserbringung und richtigen Leistungsberechnung dem Anbieter und ein gegebenenfalls nachmalig vom Kunden zu erbringender Nachweis von Manipulationen Dritter (§ 16 Abs. 3 Satz 3 TKV) knüpft gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 an das Ergebnis der technischen Prüfung an und setzt vorrangig den Nachweis einwandfreier Leistungserbringung und richtiger Berechnung gem. § 16 Abs. 1 TKV voraus.

Das Ergebnis einer derartigen technischen Prüfung, welches als Grundlage eines Nachweises im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 TKV dienen könnte, haben weder die Klägerin noch die Zedentin vorgelegt

Der Hinweis der Klägerin, sie sei nur für "ihr" Netz verantwortlich bis zur Schnittstelle des Netzes der Deutschen Telekom AG, bei der die Beklagte ihren Festnetzanschluss unterhält, und eine Prüfung des Netzes der Telekom AG könne nur über diese erfolgen, ist unbehelflich.

Der von dem Anbieter gem. § 16 Abs. 3 Satz 1 TKV geforderte Nachweis knüpft ausdrücklich an die Schnittstelle, an der der allgemeine Netzzugang dem Kunden bereitgestellt wird, an, also an die Schnittstelle am Netzzugang der Beklagten und nicht an die Schnittstelle des Netzzuganges der Zedentin zum Netz der Deutschen Telekom AG.

Das von der Klägerin vorgelegte Zertifikat zum Qualitätsmanagement DIN EN ISO 9001:2000 stellt begrifflich wie inhaltlich nicht das Ergebnis einer technischen Prüfung im Sinne des § 16 Abs. 1 TKV dar, im Übrigen wäre ein etwaiger Beweiswert dieses Zertifikates entkräftet durch das von der Beklagten vorgelegte Schreiben des Ausstelllers des Zertifikats (…) v. 29. Juli 2003, wonach die Gebührenerfassungsanlage an sich nicht zertifiziert wurde.

Eine andersartige Beurteilung der Beweislast ist ebenso wenig veranlasst aufgrund eines zugunsten der Klägerin streitenden Beweis des ersten Anscheins. Ein derartiger Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der in der Einzelverbindungsübersicht ausgewiesenen Einwahlverbindungen greift zugunsten der Klägerin nicht Platz.

Die Annahme eines Anscheinsbeweises setzt einen feststehenden Geschehensablauf voraus, bei welchem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge oder auf die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden kann.

Soweit bei Gebührenforderungen von Telekommunikationsdienstleistungsanbietem in der obergerichtlichen Rechtsprechung ein Anscheinsbeweis in Erwägung gezogen und bejaht wird, führt die Klägerin selbst aus, dass es aufgrund der jahrzentelangen Verwendung automatischer Zählverfahren, ihre wiederholten Überprüfung und Begutachtung durch Sachverständige angängig sei, diesen Zählergebnissen die Vermutung für. ihre Richtigkeit beizumessen; ein Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit des aufgezeichneten Ergebnisses ist erbracht bei Fehlen von Anhaltspunkten für eine fehlerhafte Zählung der Gebühreneinheiten (OLG Düsseldorf Urteil vom 26.03.2003).

Ebenso erkannte das OLG Celle dahin, dass der Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit von auf technischen Aufzeichnungen beruhenden Telefonrechnungen lediglich die Aufzeichnungen über die Einzelgespräche, nicht aber die Rechnungen selbst betreffe (OLG Gelle NJW-RR, 1997 Seite 568 bis 571).

Mit diesen Fallgestaltungen haben die streitgegenständlichen Einwahlverbindungen indes nichts gemein.

Die Parteien streiten nicht über das Ergebnis eines automatischen Zählverfahrens und die Frage der Fehlerfreiheit der Zählung von Gebühreneinheiten.

Den streitgegenständlichen Verbindungen vom 06. Februar, 20. sowie 21. Februar 2002 liegen vielmehr behauptete Anwählen von Mehrwertdiensten unter der Rufnummerngasse 0190-0 zugrunde.

Hierzu hat die Klägerin selbst vorgetragen, dass die Berechnung in erster Linie im Wege eines Blocktarifes unabhängig von der Dauer des Gespräches erfolgt, die Gebührenberechnung ausschließlich Sache der Anbieter der Mehrwertdienste sei, welcher diese frei tarifieren und auch jederzeit ändern könne, wohingegen der Netzbetreiber (die Zedentin) lediglich die Verbindung herstelle und nicht für die seitens des Mehrwertdiensteanbieters festgesetzte Gebührenhöhe verantwortlich sei.

Stellen die der Beklagten in Rechnung gestellten Verbindungsentgelte demnach nicht die Summe von Gebühreneinheiten, welche im Wege eines standardisierten und automatisierten Zählverfahrens ermittelt wurde, sondern jede Verbindung jeweils für sich das Ergebnis einer jeweils einzelnen und ausdrücklichen Individualvereinbarung zwischen Teilnehmer und Mehrwertdiensteanbieter dar, so ist für die Annahme eines typischen Geschehensablaufes, der stets Voraussetzung für die Bejahung eines Anscheinsbeweises ist, keine tragende Grundlage vorhanden.

Wenn aber nach eigenem Vortrag der Klägerin die "Gebührenberechnung ausschließlich Sache der Anbieter" ist, kann die Klägerin einen Anscheinsbeweis für die Richtigkeit ihrer Gebührenerfassung nicht beanspruchen.

Kommen demnach Beweiserleichterungen zugunsten der Klägerin nicht in Betracht, so obliegt der Klägerin der volle Beweis, dass vom Teilnehmeranschluss der Beklagten die streitgegenständlichen Anwahlen stattgefunden haben; für ihre diesbezügliche Behauptung ist die Klägerin beweisfällig geblieben. Auf die unter Beweis gestellte Einspielung der Tarifansage bei Anwahl der Rufnummerngasse 0190-0 kommt es nicht an, weil die Klägerin den zunächst zu führenden Nachweis einer Anwahl der Mehrwertdienste vom Anschluss der Beklagten aus nicht erbracht hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711. 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung (§ 511 Abs. 4 ZPO) liegen nicht vor.

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