0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-FormatAG Königswinter, Urteil vom 30.04.2004 - Az.: 10 C 136/03

 

 
Amtsgericht Königswinter

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL



In dem Rechtsstreit (…) hat das Amtsgericht Königswinter (...) für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 386,31 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7.3.2003 zu zahlen.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 16 % und die Beklagte 84 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Eine Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
6. Die Entscheidung ergeht gemäß §§ 313 a, 495 a, 511 IV ZPO ohne Tatbestand.


Entscheidungsgründe:


Die Klage war überwiegend begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch in Höhe von 386,31 Euro aus §§ 611, 398 ff. BGB zu.

Nach vorgelegter Abtretungserklärung war die Klägerin berechtigt die Ansprüche der (…), im folgenden Zedentin genannt, im eigenen Namen geltend zu machen, wobei gegen die Globalabtretung rechtlich keine Bedenken bestanden (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 398 Randzahl 35).

Dadurch dass die Beklagte in der Zeit vom 4.1.2003 bis 7.1.2003 vier mal 190er Verbindungen anwählte, kam mit der Zedentin als Plattformanbieter dieser Nummern, wie auch mit den Mehrwertdienstanbietern eine Telekommunikationsdienstvertrag zustande (vgl. Lienhard in NJW 2003, 3592 (3594)).
Aufgrund dessen konnte auch dahinstehen, ob die Zedentin und die Mehrwertdienstanbieter identisch sind. Nachdem die Beklagte die Ansprüche der Zedentin nach Rechnungsstellung der Deutschen Telekom AG vom 5.2.2003 nicht beglich, war die Zedentin, und damit auch die Klägerin aus abgetretenem Recht befugt, die Ansprüche im Hinblick auf das Gebot der einheitlichen Rechnungslegung nach § 15 TKV insgesamt geltend zu machen.

Eine Vertragsbeziehung bestand auch dann, wenn die Angebote der Mehrwertdienstanbieter durch einen auf dem Computer der Beklagten unwissentlich installierten Dialer angenommen wurden. Grundsätzlich ist eine Computererklärung dem Verwender oder Anlagenbetreiber zuzurechnen. Die generelle, stillschweigende Erklärung, sich alle Cornputererklärungen, die vom eigenen Rechner ausgehen zu eigen zu machen, muss aus Gründen der Verkehrssicherheit auch solche Manipulationen erfassen (vgl. Lienhard in NJW 2003, 3592 (3594)).

Eine gegenteilige Annahme, gestützt zumeist auf Billigkeit und Schutzwürdigkeitsaspekte (vgl. so etwa AG Freiburg in NJW 2002, 2559; AG Mönchengladbach in MMR 2003, 606 ff.; LG Kiel in MMR 2003, 422 ff.) erscheint dem Gericht nicht zutreffend, da die Fragen des Verbraucherschutzes und des Vertragsabschlusses vermischt werden. Insbesondere hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 4.3.2004, Aktenzeichen IM ZR 96/03 das Zustandekommen eines Vertrages als solchen auch bei Einsatz eines Dialers nicht in Zweifel gezogen, sondern in entsprechender Anwendung von § 16 III TKV dem Netzbetreiber das Risiko des ungewollten Dialereinsatzes zugewiesen und dem Kunden im Fall des fehlenden Verschuldens von einer Vergütungspflicht befreit.

Zum schlüssigen Vortrag einer Vertragsbeziehung war die Klägerin auch nicht gehalten die einzelnen Mehrwertanbieter der Beklagten namhaft zu machen (sowohl LG Kiel in MMR 2003, 422 ff.). Dem Verbraucher steht aufgrund gesetzlicher Regelung lediglich ein Anspruch auf Nennung des Rufnummernbetreibers zu. Eine Pflicht zur Preisgabe des Dienstanbieters besteht hingegen laut Gesetz nicht (vgl. Rösler in NJW 2002, 2930 (2931)). Die Annahme einer solchen Pflicht im Wege der Auslegung erscheint dem Gericht nicht angängig, insbesondere da eine Regelung, dass bei Einwendungen gegen Rechnungen nur der Dienstanbieter die Forderung geltend machen kann am Widerstand des Bundesrates bei der Gesetzgebung gescheitert ist (vgl. Rösler in NJW 2002, 2930 (2931)).


Hinzu kommt, dass der Rufnummernbetreiber bereits über die Regulierungsbehörde Telekommunikation und Post (RegTP) zu ermitteln ist. Auch die Neuregelung des § 43 a TKG, welche am 15.8.2003 in Kraft getreten ist, sieht bei der Anbietung von 0190er Nummern lediglich eine Auskunftspflicht der Regulierungsbehörde hinsichtlich des Dienstanbieters vor (vgl. Rösler in NJW 2003, 2633 (2634)). Aufgrund dieser Aspekte bestand auch ein Leistungsverweigerungs- bzw. Zurückbehaltungsrecht der Beklagten nicht.

Aufgrund des Vertrages stand der Zedentin auch ein Anspruch von 386,31 Euro zu.

Die Zedentin bzw. Klägerin rechnet die Kontakte entsprechende § 16 l, II TKV durch Einzelgesprächsnachweis unter Angaben von Ort, Zeit, Dauer und Rufnummer ab. Eine solche Abrechnung birgt den Anschein dafür, dass die abgerechneten Verbindungen richtig registriert und erfasst wurden. Dieser Anscheinsbeweis kann nur erschüttert werden, wenn ein vom Geschehensablauf abweichender Sachverhalt behauptet und die ernste und nicht nur vage Möglichkeit einer solchen Abweichung dargetan wird (vgl. LG Ingoldstadt in Archiv PT 1995, 230 ff., Rösler in NJW 2002, 2930 (2931)). Diesen Anforderungen genügt das vage Bestreiten der Beklagten, die Zedentin habe ihr Betriebsabläufe und Abrechnungen nicht überprüft und auch keine Unregelmäßigkeiten festgestellt nicht.

Der Zahlungspflicht der Beklagten stand auch nicht eine entsprechende Anwendung von § 16 III TKV entgegen.

Der Verbraucher wird in entsprechender Anwendung von § 16 III TKV von einer Zahlungspflicht lediglich dann befreit, wenn die Telekommunikationsverbindung durch einen dem Verbraucher unbekannten Internetdialer zustande gekommen ist und den Verbraucher daran kein Verschulden trifft. In diesem Falle erscheint es angemessen, das Telekommunikationsunternehmen, welches durch das Angebot von 0190er Nummern Vorteile zieht, mit dem Mißbrauchsrisiko zu belasten (vgl. BGH, Urteil vom 4.3.2004, Aktenzeichen: III ZR 96/03). Aufgrund des Wortlautes von § 16 III TKV ist es jedoch Aufgabe des Verbrauchers und damit der Beklagten darzutun und zu beweisen, dass die Verbindung durch einen Dialer verursacht wurde, insbesondere, da ansonsten dem Telekommunikationsunternehmen der kaum zu führende Negativbeweis aufgebürdet würde (vgl. Rösler in NJW 2002, 2930 (2931)). Diesem steht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 4.3.2004 entgegen, da im dargelegten Sachverhalt, entgegen der Auffassung der Revision, das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei das Vorhandensein eines Dialers festgestellt hatte. Ein geeigneter Beweis wurde von der beweisbelasteten Beklagten, trotz Hinweis des Gerichtes nicht erbracht.

Aufgrund gleicher Beweislage führt auch ein EG Richtlinien Konforme Auslegung und Anwendung von § 241 a BGB auf den vorliegenden Sachverhalt nicht dazu, dass die Zahlungspflicht der Beklagten entfällt. Aufgrund dessen konnte dahinstehen, ob eine Anwendung von § 241a BGB gegenüber dem Lösungsansatz des Bundesgerichtshofs der vorzugswürdigere Lösungsansatz wäre (vgl. Lienhard in NJW 2003, 3592 (3596, 3597)). Der Beklagten stand auch kein Widerrufsrecht nach den Grundsätzen des Fernabsatzgesetzes zu. Durch Inanspruchnahme der Leistungen des Mehrwertdienstanbieters wurde der Beginn der Dienstleistung selbst vom Verbraucher veranlasst, so dass § 312 d III BGB zur Anwendung kommt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 312 b. Rdz. 7).

Schließlich konnte sich die Beklagte auch nicht auf eine Unwirksamkeit des Vertrages aufgrund von Anfechtung nach §§ 123, 142 ff. BGB berufen. Aufgabe der Beklagten wäre es gewesen, einen Sachverhalt darzutun und zu beweisen, welcher eine Anfechtung auf Grund von arglistiger Täuschung rechtfertigt. Die Beklagte hätte daher darlegen und beweisen müssen, dass sie zur Abgabe der Willenserklärung durch einen unbekannten Internetdialer veranlasst wurde. Ein entsprechender Beweis wurde ebenfalls nicht geführt.

Der Gebührenforderung stand schließlich auch nicht der Einwand des § 138 BGB entgegen.

Dienstleistungen, welche ggfs. unter § 138 BGB fallen würden, werden von der Beklagten nicht behauptet und würden dem Netzbetreiber auch nicht zur Last fallen (vgl. BGH in NJW 2002, 361 ff.).

Auch auf Grund von § 138 II BGB konnte eine Unwirksamkeit des Vertrages nicht angenommen werden. Aufgabe der Beklagten wäre es gewesen, sowohl in objektiver, als auch in subjektiver Hinsicht die Voraussetzungen des § 138 II BGB darzutun und zu beweisen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 138 Randzahl 23).

An einer solchen Darlegung und einem Beweisantritt fehlt es. Dass die Unerfahrenheit, eine Willensschwäche, ein Mangel an Urteilsvermögen oder eine Zwangslage seitens der Zedentin ausgenutzt wurde um den Vertrag abzuschließen, wird von der Beklagten nicht vorgebracht, so dass es nicht entscheidend darauf ankam, ob die verlangte Gebühr überhöht erscheint. Hinzu kommt, dass die Klägerin vorträgt die Gebühr sei angegeben worden und vom Kunden bestätigt worden, wobei die Gebühr die Struktur habe, dass zunächst eine höhere Gebühr gefordert werden und sodann der Dienst dauerhaft zu geringeren Gebühren in Anspruch genommen werden kann. Auch dieses steht einer Anwendung von §138 BGB entgegen. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Gebührenforderung, welche die Klägerin geltend macht, unter der Anwendung des nunmehrigen § 43 b TKG keinen Bestand haben würde und nichtig im Sinne vom § 138 BGB wäre (vgl. Rösler in NJW 2003, 2633 (2635)). Diese Neuregelungen sind jedoch frühestens zum 15.8.2003 in Kraft getreten und daher auf die vorliegende Forderung nicht anwendbar.

Die Nebenansprüche, soweit berechtigt, erfolgen aus §§ 286 ff. BGB. Mahnkosten konnten nicht beansprucht werden, da die ohnehin bestrittenen Mahnungen unsubstantiiert ohne Datum dargelegt werden. Inkassokosten konnten ebenfalls nicht beansprucht werden. Dabei bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung, ob Inkassokosten grundsätzlich zu dem ersatzfähigen Verzugsschaden zählen. Da die Beklagte bereits mit Schreiben vom 20.3.2003 der Forderung entgegengetreten ist, konnte die Zedentin nicht davon ausgehen, dass aufgrund der Einschaltung eines Inkassobüros am 30.5.2003 Zahlungen seitens der Beklagten erfolgen würden. Aufgrund dessen konnten Inkassokosten als nicht notwendige Kosten, nicht beansprucht werden (vgl. Parlandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage, § 286 Randzahl 49).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 l ZPO. Da aufgrund des Unterliegens mit insgesamt 80,13 Euro Nebenforderungen nicht von einem geringfügigen Unterliegen auszugehen war, konnte § 92 II ZPO nicht angewandt werden (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 24. Auflage, § 92 Randzahl 11). Die Kostenquote war daher aus dem hypothetischen Streitwert aus Hauptforderung, Zinsen und Nebenforderungen zu ermitteln.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 BGB.
Eine Berufung gegen das Urteil war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 IV ZPO nicht vorlagen.

 

 

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