0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-Format AG Mettmann, Urteil vom 17.11.2003 - Az.: 27 C 104/03

 

AMTSGERICHT METTMANN

URTEIL VOM 17.11.2003


27 C 104/03



In Sachen (...) hat das Amtsgericht Mettmann (...) für Recht erkannt:


Urteil


Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht dies vor der Vollstreckung ebenfalls Sicherheit in gleicher Höhe leisten.


Tatbestand:

Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Telefondienst-Auftragsverhältnis geltend.

Seitens der Klägerin wurde den Beklagten ein Standard-Mehrgeräteanschluss betriebsbereit zur Verfügung gestellt.

Unter dem 7.8.2002 erteilte die Klägerin den Beklagten eine Rechnung über Verbindingsentgelte. Streitig ist vorliegend aus dieser Rechnung der Anteil der Verbindungen zum Teleinfo-Service 0190x in Höhe eines Gesamtbetrages von 716,15 EUR. Die streitgegenständlichen Verbindungen wurden über das Internet als Datenverbindung aufgebaut. Die Beklagten verweigern die Zahlung dieses Teilbetrages der Rechnung unter Berufung auf das von ihnen angeblich unbemerkte Tätigwerden eines sogenannten Dialerprogramms.

Die Klägerin, die als Verbindungsnetzbetreiber die Abrechnung der Leistungen zum Teleinfoservice 0190x vorgenommen hat, behauptet hierzu, die Beklagten hätten durch das Anwählen der gebührenpflichtigen Nummer einen Vertragsschluss herbeigeführt. Soweit sich die Beklagten eines sogenannten Wählerprogrammes (Dialer) bedient hätten, hätte sich jedenfalls zur Zeit des Vertragsschlusses dieses Wählprogramme nicht vom Kunden unbemerkt allein installieren und eine Wählverbindung aufbauen können.

Diese Dialerprogramme müssten jeweils durch Anklicken des entsprechenden Nutzers von der jeweiligen Internetseite heruntergeladen und gesondert aktiviert werden. Die von den Beklagten behaupteten unbemerkten Verbindungsaufbauten seien daher vorliegend auszuschließen. Vielmehr hätten die Beklagten als Benutzer sich aktiv Pro-gramme auf den Rechner geladen und diese vorsätzlich ausgeführt.
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Die Klägerin beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 716,15 EUR nebst 5,5 % Zinsen hieraus seit dem 8.11.2000, hilfsweise Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 8.11.2000, zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, die streitgegenständlichen Verbindungen seien durch ein sogenanntes Dialerprogramm zustande gekommen, das vorliegend Verbindungen ins Internet aufgebaut hätte, ohne sie als Benutzer hierüber zu informieren oder die entstehenden Entgelte zu benennen.

Sie sind der Ansicht, es sei bereits nicht zu einem Vertragsschluss gekommen, da es sich um einen unbewussten Verbindungsaufbau zu der 0190-Nummer gehandelt habe, von der Einwahl hätten sie nichts bemerkt und auch keine Leistungen eines 0190-Mehrwertdienstes in Anspruch genommen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, dass es überhaupt zu einem Vertragsabschluss mit den Beklagten gekommen ist.

Ein solcher ist nur möglich durch zwei übereinstimmende, auf einander bezogene Willenserklärungen (Angebot und Annahme).

Voraussetzung für einen Vertragsschluss ist, dass der Nutzer bewusst eine gebührenpflichtige Nummer wählt, die Annahme dieses Angebots erfolgt dann durch den Netzbetreiber durch konkludentes Handeln, nämlich das Herstellen der Verbindung.

Die Klägerin ist für die Abgabe einer derartigen Willenserklärung durch die Beklagten nach Auffassung des Gerichts darlegungs- und auch beweispflichtig.

Vorliegend ist die Klägerin der ihr obliegenden Darlegungslast nach Auffassung des Gerichts nicht ausreichend nachgekommen. Der Vortrag der Klägerin zur behaupteten Inanspruchnahme von Verbindungen mit der Vorwahl 0190 (Telefonmehrwertdienst) ist unsubstanziiert.

Da sich die Existenz von sich selbst installierenden Dialern auch zu Zeiten des angeblichen Vertragsschlusses jedenfalls nicht sicher ausschließen lässt, kann nach Auffassung des Gerichts von einem Anscheinsbeweis zu Gunsten des Netzbetreibers nicht ausgegangen werden. Der Klägerin obliegt daher die volle Darlegungs- und auch Beweislast für das Zustandekommen des angeblichen Vertrages.

Die Klägerin hätte, um ihrer Darlegungslast nachzukommen, jedenfalls vortragen müssen, welche Dienstleistungen zu welchen Preisen von den Beklagten in Anspruch genommen worden sein sollen. Nur auf diese Weise ist es den Beklagten möglich, die Verbindungsdaten entsprechend nachzuprüfen und ihrerseits substanziiert vorzutragen, ob und welche Leistungen welches Mehrwertdienstes sie tatsächlich in Anspruch genommen haben. Dies erscheint dem Gericht auch nicht unbillig, denn der Nutzer kann Einwendungen, die die Umstände der Einwahl oder den Preis betreffen, ausschließlich an den Netzbetreiber richten.

Der Anbieter der Mehrwertdienstleistung bleibt im Hintergrund, wenn - wie offenbar vorliegend - die Klägerin die Entgelte des Mehrwertdienstleisters einzieht.

Vorliegend trägt die Klägerin nicht einmal die vollständigen Verbindungsdaten vor, aus der sich die Telefonverbihdung zum Anbieter des Mehrwertdienstes ergibt, so dass nicht einmal festgestellt werden kann, um welchen Anbieter es sich überhaupt handelt.

Die Regelungen des TDSV führen nach Auffassung des Amtsgerichts auch nicht automatisch zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast. Denn im Falle der Möglichkeit des Missbrauchs von Telefoneinrichtungen kann sich der Dienstanbieter nicht darauf berufen, zur Löschung der Telefondaten verpflichtet gewesen zu sein.

Nach Sinn und Zweck der Regelungen der TDSV muss nämlich angenommen werden, dass die Daten jedenfalls dann weiterhin vorgehalten werden dürfen, wenn absehbar war, dass das Unternehmen weiterhin auf diese Daten zum Nachweis seiner Rechnungen angewiesen bleibt. Eine andere Auslegung der TDSV wäre - worauf zutreffend das Landgericht Berlin in seiner Entscheidung NJW-RR1996, S. 895 ff. hinweist - widersinnig und mit den Grundzügen des Prozessrechts nicht zu vereinbaren, denn dies hätte zur Folge, dass die Klägerin sich ihrer Beweismittel und Nachweismöglichkeiten zu entledigen hätte, was umgekehrt ggfls. die Konsequenz hätte, dem Kunden die Beweislast aufzubürden, der den Beweis erst recht nicht führen kann (vgl. Landgericht Berlin, a. a. O.; OLG Celle, NJW-RR 1997, S. 568 ff. zur gleich gelagerten Problematik des UDSV).

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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