0190-Dialer und Recht

Dokument im pdf-FormatAG Paderborn, Urteil vom 28.09.2004 - Az.: 58 C 654/03

 

Amtsgericht Paderborn

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL



In dem Rechtsstreit (…) hat das Amtsgericht Paderborn auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2004 durch Richter am Amtsgericht Freitag für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Kostenvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.


Tatbestand:


Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Bezahlung von Telefongebühren nebst Umsatzsteuer in geltend gemachter Höhe, Der Beklagte unterhielt bei der (…) zumindest für den Zeitraum 15.09 bis 22.10.2002 einen Festnetz-Telefonanschluss.
Nach insoweit unwidersprochen geblieben Klägervortrag berechnete diese dem Beklagten mit den monatlichen Abrechnungen Telefongebühren in geltend gemachter Höhe, die für die Anwahl eines 118xx Auskunftdienstes in der Zeit vom 15.09 bis zum 22.10.2002 entstanden sein sollen.
Der Beklagte bezahlte diese Gebühren nicht.

Die Klägerin behauptet, die (…), die die Dienstplattform zur Weiterleitung der entsprechenden Auskunftsdienste unterhalte, habe die entsprechenden Gebührenansprüche an die Klägerin abgetreten (Beweis: Abtretungsvereinbarung vom 05./26.06.2001). Von dem Telefonanschluss des Beklagten aus seien die Auskunftsdienste angewählt worden (Beweis: Einzelverbindungsübersicht). Die Höhe der bei den 118xx Rufnummern in Ansatz gebrachten Gebühren ergebe sich aus einer zu Beginn der Verbindungen veröffentlichten Preisangabe des Dienstanbieters.
Die Klägerin ist der Auffassung, die vorgelegte Einzelverbindungsübersicht begründe den ersten Anschein für die Richtigkeit der Berechnung.

Sie beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 878,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz hieraus seit dem 31.12.2002 sowie 2,50 Euro Mahnkosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin und behauptet, von seinem Anschluss sei keine Verbindung zu einer Dienstplattform der (…) hergestellt worden. Dritte hätten keinen Zugang (Beweis: Zeugnis). Sollte ein Dialer für den Verbindungsaufbau verantwortlich sein, habe er hierfür nicht zu haften, wie der Beklagte meint.


Entscheidungsgründe:


Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Bezahlung des begehrten Betrages. Ob die Klägerin kraft der in Kopie vorgelegten Abtretungsvereinbarung vorn 05./26.06.2001 überhaupt aktiv legitimiert ist, wie der Beklagte bezweifelt oder ob insoweit eine noch hinreichend bestimmbare Abtretung einer Forderungsmehrheit ( vergleiche Palandt-Heinrichs, BGB Kommentar, 63. Auflage Randnummer 15 zu § 398 BGB) vorliegt, kann dahinstehen.

Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass der Beklagte oder eine andere Person von dessen unstreitig im Zeitraum vom 15.09 bis 22.10.2002 bestehenden Telefonanschluss bei der (…) Anrufe bei der (…) getätigt hat und somit ein Telekommunikationsdienstleistungsvertrag zwischen der (…) und dem Beklagten zu Stande gekommen ist. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Zustandekommens eines derartigen Telekommunikationsdienstleistungsvertrages zwischen der Firma (…) als Plattformbetreiberin und den Beklagten als Kunden trifft die Klägerin.

Soweit sie meint, aus den von ihr vorgelegten Einzelverbindungsübersichten ergebe sich anscheinsweise, dass die berechneten Dienste auf eine willentliche in Anspruchnahme seitens des Beklagten oder eines Nutzers des Telefonanschlusses des Beklagten zurückzuführen seien, ist ihr nicht zu folgen. Kraft Anscheins kann ein streitiger tatsächlicher Umstand nur dann als bewiesen angesehen werden, wenn ein nach der Lebenserfahrung typischer Geschehensablauf vorliegt. Bei reinen Sprachkommunikationsdiensten kann sonach die automatische Erfassung von Rufnummern und Wählgassen bei auszuschließenden Manipulationen Dritter durch Einzelverbindungsnachweise belegt werden. Soweit allerdings Mehrwertdienstleistungen oder eine Internetplattform hergestellt werden, kann angesichts des verbreiteten Mißbrauchs von Mehrwertdiensten in Form einer vom Nutzer unbemerkten Selbstinstallation von Dialern nicht mehr angenommen werden, dass eine ausgeworfene Einzelverbindungsübersicht tatsächlich gewählte Rufnummern angibt.

Soweit die Klägerin darauf verweist, dass die abgerechneten Dienste nur über das Telefon in Anspruch genommen werden und eine Einwahl der Rufnummer durch das Telefon erforderlich ist, führt dies nicht dazu, den von der Rechtsprechung überwiegend (jedenfalls bisher) bei reinen Sprachkommunikationsdienstert anerkannten Anscheinsbeweis anzunehmen. Dienstplattformen, wie sie die Firma (…) betreibt, werden üblicherweise mittels Computer betrieben, die Zugang zum
analogen und digitalen Telefonnetz der (…) haben. Angesichts des somit technisch möglichen „Ausspähens“ von Rufnummerdaten durch „trojanische Pferde" und angesichts des technisch möglichen selbstständigen Verbindungsaufbaus durch „Dialer" kann gegenwärtig eine Lebenserfahrung, die besagt, dass sämtliche in einer Einzelverbindungsübersicht aufgeführten Verbindungen tatsächlich wissentlich angewählt wurden, nicht angenommen werden. Die somit für den Verbindungsaufbau vortrags- und beweisbelastete Klägerin hat keinen weiteren Beweis für ihre Behauptung angeboten.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 704 Abs. l, 708 Ziffer 11,711 ZPO.

 

 

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