AG
Warendorf, Urteil vom 22.01.2004, Az.: 5 C 637/03 |
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Amtsgericht
Warendorf
5 C 637/03
Urteil vom 22.01.2004
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit (…) hat das Amtsgericht Warendorf (...) für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits
werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar.
Die Klägerin kann die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des aufgrund das Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der
Beklagte nicht Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt
aus abgetretenem Recht des Telekommunikationsunternehmens (…)
Begleichung von Telefon- bzw. Internetgebühren in Höhe von
928,08 € für den Zeitraum 02.02. bis 26.02.2002. Diese Gebühren
seien von der (…) unter der Rechnungsnummer 9617692942, 9617692942
berechnet worden. Die Gebühren seien entstanden durch Anwahl von
Mehrwertdienstnummern vom Teilnehmeranschluss des Beklagten aus. Durch
Anwahl dieser Nummern mit der Vorwahl 0190 sei ein Vertrag über
die Inanspruchnahme der Mehrwertdienste zustande gekommen. Die Höhe
der in Ansatz gebrachten Gebühren ergebe sich aus der zu Beginn
der Verbindung veröffentlichten Preisangabe des jeweiligen Diensteanbieters.
Auf der Rechnung sei der Beklagte darauf hingewiesen worden, dass Einwendungen
spätestens innerhalb von acht Wochen ab dem Rechnungsdatum erfolgen
müssten, die Unterlassung rechtzeitiger Einwendungen gelte als
Genehmigung. Der Beklagte habe innerhalb der genannten Frist keine Einwendungen
vorgebracht.
Der Beklagte sei zur Zahlung verpflichtet auch im Falle der Verbindungsherstellung
durch einen Dialer, da sich der Betreiber eines Computers aus Gründen
des Verkehrsschutzes grundsätzlich alle Computererklärungen
zurechnen lassen müsse, die von seinem Rechner ausgingen. Er habe
dafür Sorge tragen müssen, dass sich ein Dialer nicht installiere
bzw. den Verbindungsaufbau überwachen müssen.
Mit der Klage verlangt die Klägerin außerdem Zahlung von
Inkasso- und Mahnkosten.
Sie beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
an sie 928,08 € nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz hieraus
seit dem 10.04.2002 sowie 146,63 € Inkassokosten und 2,50 €
Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
Nachdem er anfangs die Aktivlegitimation
der Klägerin bestritten hatte, hat dis Klägerin die Abtretungsurkunde
in Ablichtung vorgelegt. Hierauf ist der Beklagte nicht mehr eingegangen,
so dass er die Aktivlegitimation offenbar nicht weiterhin bestreiten
will. Er trägt vor, er habe mit Schreiben vom 15.03.2002 Einwendungen
gegen die Rechnung der Deutschen Telekom vom 13.03.2002 erhoben. Weder
sei er auf eine Preisliste noch auf einen Minutenpreis hingewiesen worden,
noch habe er einen verlangten Tarif durch Tippen der Zahlenkombination
oder durch Mausklick bestätigt. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist abzuweisen,
da der Klägerin ein Anspruch auf die geltend gemachten Gebühren
nicht zusteht. Das Gericht kann nicht feststellen, dass zwischen der
Firma (…) bzw. dem Anbieter von Mehrwertdiensten einerseits und
dem Beklagten andererseits ein entsprechender Vertrag zustande gekommen
ist, aus dem sich ein solcher Anspruch auf erhöhte Gebühren
ergeben könnte. Die Ausführungen der Klägerin, ein Anscheinsbeweis
für die Richtigkeit einer Telefonrechnung sei geführt, wenn
im Rahmen einer technischen und betrieblichen Prüfung keine die
Entgeltmitteilung beeinflussenden Fehler festgestellt worden und eine
Prüfung der Entgeltsysteme ergeben habe, dass diese sich in einem
ordnungsgemäßen Zustand befinden, gehen fehl. Der Beklagte
bestreitet nicht das Zustandekommen entsprechender Verbindungen. Dieser
Umstand allein führt noch nicht dazu, dass ein Anspruch auf die
verlangten erhöhten Gebühren entstanden ist.
Das Gericht geht entsprechend dem Vortrag des Beklagten davon aus, dass
Gebühren für Mehrwertdienstleistungen verlangt werden aus
solchen Verbindungen, die nicht durch Einwahl mittels eines Telefons
erfolgt sind, sondern aufgrund einer Verbindung zum Internet.
Ein Vertrag ist die von mehreren Personen erklärte Willensübereinstimmung
über die Herbeiführung eines bestimmten rechtlichen Erfolges.
Die Willensübereinstimmung muss sich beziehen auf die wesentlichen
Elemente des Vertrages, somit auf die beiderseits zu erbringenden Leistungen.
Die Abgabe einer Willenserklärung dieses Inhalts durch den Beklagten
erfordert somit zum einen, dass er eine Handlung vorgenommen hat, aus
der sich für den Anbieter erkennbar der Wille ergibt, die Mehrwertdienstleistung
in Anspruch zu nehmen. Zum anderen muss der Beklagte aufgrund zuvor
erteilter Informationen den Willen gehabt haben, hierfür ein Entgelt
zu zahlen, welches über den Rahmen der Gebühren für sonstige
Verbindungen hinausgeht.
Bereits das erste Erfordernis kann das Gericht nicht feststellen. Es
ist allgemein bekannt, dass mittels sogenannter Dialer-Programme vom
Nutzer unbemerkt Internetverbindungen über hochtarifierte Rufnummern
missbräuchlich aufgebaut werden können. Derartige Vorgänge
sind auch Gegenstand von Erörterungen in der juristischen Fachliteratur
gewesen (vergleiche hierzu die Nachweise bei Rösler, die Bekämpfung
des Missbrauchs von Mehrwertdienstennummern, veröffentlicht in
NJW 2003, Seite 2633, Fußnote 8), Bei dieser Sachlage begründet
die Tatsache, dass eine solche Verbindung technisch hergestellt worden
ist, keinen Anscheinsbeweis dafür, dass diese Verbindung durch
eine willentliche Handlung des Beklagten zustande gekommen ist. Dabei
kann ausdrücklich offen bleiben, ob ein solcher Anscheinsbeweis
geführt ist für das Zustandekommen von sonstigen berechneten
Verbindungen, die nicht mit Mehrwertdienstleistungen verbunden sind.
Die Klägerin ist für das Zustandekommen eines entsprechenden
Vertrages in vollem Umfang beweisbelastet. Zwar kann die Klägerin
die vollständigen Telerufnummern der Verbindungen nicht mehr feststellen
und deshalb weitere Ermittlungen nicht anstellen kann mit dem möglichen
Ergebnis, dass eine willentliche Einwahl nachweisbar ist. Eine Umkehr
der Beweisest folgt jedoch nicht daraus, dass ein Einzelverbindungsnachweis
nicht erstellt werden konnte. Ein solcher Einzelverbindungsnachweis
wird gemäß § 16 Telekommunikationsverordnung (TKV) im
Rahmen der technischen Möglichkeiten nur auf Verlangen des Kunden
erstellt. Keineswegs ist es so, dass dieser Einzelverbindungsnachweis
die Regel ist und nur auf Wunsch des Kunden unterbleibt. Wenn der Beklagte
einen solchen Nachweis nicht verlangt hat, kann sie hierdurch keinen
Nachteil erleiden. Eine Beweislastumkehr greift nur dann ein, wenn der
Beklagte die der Klägerin obliegende Beweisführung schuldhaft
vereitelt hat. Hierbei muss es sich um ein zielgerichtetes Verhalten
handeln. Aus der gesetzlichen Möglichkeit, einen Einzelverbindungsnachweis
zu verlangen, folgt jedoch nicht die Obliegenheit für jeden Kunden
eines Telekommunikationsunternehmens, im Interesse einer Beweissicherung
eine solche Abrechnung zu verlangen. Dies würde darauf hinauslaufen,
dass der an sich nicht beweispflichtige Beklagte für eine genaue
Dokumentation sämtlicher Verbindungen sorgen müsste, um der
Klägerin in einem etwaigen Rechtsstreit die Beweisführung
zu ermöglichen. Die Beweissicherung ist jedoch allein Sache der
Klägerin bzw. der Zedentin. Soweit es um den Nachweis von Entgeltforderungen
geht, für die die normalen Telefongebühren verlangt werden
können, ist die Beweisführung für die Klägerin in
§ 16 TKV erleichtert.
Darüber hinaus ist es Sache der Klägerin, durch geeignete
Maßnahmen sicherzustellen, dass eine rechtlich einwandfreie Vereinbarung
über die Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten zustande gekommen
ist und ein Zustandekommen der Verbindung durch technische Manipulationen
ausgeschlossen ist.
Das Gericht folgt nicht uneingeschränkt der von der Klägerin
vertretenen Rechtsauffassung, der Beklagte müsse sich alle von
seinem Computer ausgehenden Erklärungen als eigene Willenserklärungen
zurechnen lassen. Dieser Grundsatz kann jedenfalls nicht gelten für
die Inanspruchnahme von Mehrwertdienstleistungen aufgrund einer Internetverbindung,
die mittels eines ohne ausdrücklichen Willen des Computerbetreibers
installierten Dialers hergestellt worden sind Dies ergibt sich aus §
241 a Abs. 1 BGB, wonach ein Anspruch durch Erbringung unbestellter
Leistungen nicht begründet wird. Es bleibt Sache der Klägerin,
nachzuweisen, dass der jeweilige Verbindungsaufbau durch einen solchen
unerwünscht installierten Dialer nicht zustande gekommen sein kann.
Allein die Zedentin hat es in der Hand, durch entsprechende technische
Vorkehrungen und eine entsprechend sorgfältige Auswahl ihrer Vertragspartner,
die Mehrwertdienstleistungen zur Verfügung stellen, derartige Missbräuche
zu unterbinden. Es wäre verfehlt, dem Computerbetreiber diese Risiken
aus der Einflusssphäre der Zedentin aufzubürden.
Die Kostenentscheidung erfolgt
gemäß § 91 Abs. 1 ZPO.
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